Unternehmeredition: Wie können Inhaber den Verkaufsprozess vorbereiten und optimieren?
Patrick Seip: Die beste Vorbereitung ist, sich überhaupt frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen. Um einen möglichst hohen Anteil des Verkaufserlöses reinvestieren zu können, ist eine steuerlich optimierte gesellschaftsrechtliche Struktur notwendig. Um die Steuervorteile vollumfänglich nutzen zu können, sind dabei Fristen zu beachten. Es gibt eine Reihe von operativen Maßnahmen, die sich positiv auf den Unternehmenswert und die Erfolgswahrscheinlichkeit auswirken. Dazu gehören die Etablierung einer zweiten Führungsebene und die Übertragung von Verantwortlichkeiten. Der Wert des Unternehmens sollte schließlich nicht zu stark vom Bauchgefühl und dem langjährigen Netzwerk des Inhabers abhängen. Zudem gilt es, Transparenz in den Kennzahlen und den Prozessen zu schaffen – das sorgt für Vertrauen. Ein exzellenter Verkaufsprozess ist gut strukturiert und erfolgt im Team mit klaren Verantwortlichkeiten. Dazu zählt auch ein Prozessverantwortlicher, der zwischen den Beteiligten koordiniert und vermittelt sowie dafür sorgt, dass Zeitplan und Ziele eingehalten werden.
Welche Risiken und Herausforderungen sollten Inhaber beim Verkauf ihres Unternehmens beachten?
Welchen Risiken Unternehmen ausgesetzt sind, haben die letzten Jahre eindrucksvoll aufgezeigt. Viele Verkaufsprozesse wurden aufgeschoben oder abgebrochen, weil die Performance der Unternehmen keine zufriedenstellende Bewertung mehr zugelassen hat. Wenn ein Verkauf wegen der Regelung der Nachfolge ohnehin in den nächsten Jahren ansteht, dann sollte man nicht zu lange mit der Vorbereitung warten. Mit fortschreitendem Alter sind Unternehmer irgendwann in einer unnötigen Drucksituation, die sich selten positiv auf die Verkaufsbedingungen auswirkt. Risiken und Herausforderungen gibt es zudem im Zusammenhang mit der Auswahl der richtigen Investoren. Mangelnde Diskretion kann zur Abwanderung von Know-how und Mitarbeitern führen. Ein geeigneter Berater kennt Investoren meist aus vergangenen oder parallelen Projekten. Ist der Verkäufer noch stark in das operative Geschäft eingebunden, gilt es zudem, den Spagat aus Konzentration auf den Verkaufsprozess und dem operativen Geschäft zu bewältigen.
Welche Strategien empfehlen Sie Inhabern, um den besten Verkaufspreis zu erreichen?
Auch wenn der beste Verkaufspreis individuell unterschiedlichen Anforderungen unterliegen kann, gibt es eine Reihe von Punkten, die sich positiv auf das Gesamtpaket auswirken können. Dazu gehört neben einer frühzeitigen Vorbereitung auch das Timing. Wenn möglich, sollte ein Unternehmensverkauf immer aus der Stärke heraus erfolgen. Das ist dann gegeben, wenn sich das Unternehmen in den letzten Jahren positiv entwickelt hat und auch die Prognose für die kommenden Jahre positiv ist. Ein professioneller, strukturierter und extern koordinierter Prozess verringert die Gefahr unnötiger Schleifen. Der Unternehmer kann sich auf die wichtigen Entscheidungen fokussieren. Ebenfalls unerlässlich für die Steigerung des Verkaufspreises ist Wettbewerb zwischen Kaufinteressenten, um die Verhandlungsposition des Verkäufers zu stärken.
Welche spezifischen Interessen haben (strategische und PE-)Käufer bei der Übernahme eines Unternehmens und wie können Inhaber darauf eingehen?
Grundsätzlich kommen Finanzinvestoren, strategische Investoren und Management-Buy-in-(MBI-)Kandidaten als Käufer infrage. Bei Finanzinvestoren geht es bekanntermaßen um Rendite. Diese lässt sich allerdings im heutigen Markt- und Finanzierungsumfeld nicht mehr durch möglichst hohe Verschuldung oder Kostenoptimierung erzielen. Dafür ist zum einen Fremdkapital zu teuer geworden und zum anderen sind bei guten Unternehmen die Bewertungen zu hoch. Rendite erfordert also Weiterentwicklung und Wachstum. Entsprechend müssen diese Punkte ganz oben auf der Agenda stehen.
Strategische Investoren suchen die sinnvolle und meist komplementäre Erweiterung des eigenen Leistungsportfolios. Letzten Endes geht es um die Frage, wie aus eins und eins mehr als zwei werden kann. Daher gilt es auch, den Käufer genau zu analysieren, um proaktiv auf mögliche Mehrwerte eines Zusammenschlusses hinzuweisen.
Bei einem MBI-Kandidaten ist zu berücksichtigen, dass er eine solche Entscheidung aller Voraussicht nach nur einmal im Leben fällt. Insbesondere durch die Nachfolgewelle und das hohe Angebot hat er vermutlich viele verschiedene Optionen. In Anbetracht einer maßgeblich fremdfinanzierten Übernahme in Verbindung mit persönlichen Bürgschaften geht es ihm vorrangig um stabile Erträge und Cashflows. Einen großen Stellenwert in der Analyse nehmen die Marktposition und -entwicklung, Alleinstellungsmerkmale und ein weitreichender Auftragsbestand ein.
Welche Vorteile können Verkäufer durch die Übergabe ihres Unternehmens an bestimmte Käufertypen erzielen?
Alle drei Käufertypen bieten Vorteile. Es kommt sehr stark auf die Unternehmenssituation einerseits und die persönliche Lebensplanung des Inhabers andererseits an. Hat das Unternehmen organisch hohes Wachstumspotenzial und ist der Unternehmer auch bereit, noch einige Jahre dabeizubleiben, kann die stufenweise Übergabe an einen geeigneten Finanzinvestor die beste Lösung sein. Das Unternehmen bewahrt seine Identität und erhält zeitgleich Unterstützung bei der Professionalisierung und der Umsetzung von Wachstumsinitiativen. Zeitgleich profitiert der Inhaber durch die Wertentwicklung seiner verbleibenden Anteile. Will der Unternehmer aus altersbedingten, privaten oder gesundheitlichen Gründen möglichst schnell von Bord und existiert keine etablierte zweite Führungsebene, die in die Bresche springt, liegt der Verkauf an einen strategischen Investor aus dem Marktumfeld nahe. Bei kleineren Unternehmen ist es stets von Vorteil, die Identität zwischen Eigentum und Führung zu erhalten. Das gelingt am besten mit einem fachlich und persönlich geeigneten MBI-Kandidaten.
Welche Rolle spielt der kulturelle und strategische Fit zwischen Käufer und Verkäufer für den Erfolg einer Transaktion − und wie lässt sich das fördern?
Studien zeigen, dass Unternehmer häufig dazu neigen, die potenziellen Synergien vor einer Übernahme zu optimistisch einzuschätzen. Dabei sind der kulturelle und strategische Fit zwischen den beteiligten Unternehmen entscheidend. Wenn die Unternehmenskulturen gut zusammenpassen oder erfolgreich eine gemeinsame Kultur entwickelt werden kann, stehen die Chancen deutlich besser, dass potenzielle Synergien tatsächlich realisiert werden. Eine starke Führung, klare Kommunikation und die Fähigkeit, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle für den Erfolg der Integration.
Welche Rolle spielen externe Berater bei der Entwicklung und Umsetzung von M&A-Strategien für Inhaber?
Fachliches Know-how sowie eine exzellente Markt- und Branchenkenntnis sind heute unbedingte Grundvoraussetzungen. Kommt noch Fingerspitzengefühl und Erfahrung ins Spiel, besitzen hervorragende Berater die Fähigkeit, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Entscheider zusammenzubringen. Berater – ob auf Käufer- oder Verkäuferseite – sollten zudem ein hohes Interesse daran haben, dass es unter Wahrung der Interessen Ihrer jeweiligen Mandanten aus deren Perspektive zu einem positiven Abschluss kommt. Schnell fühlen sich Verkäufer ansonsten überfordert und suchen Möglichkeiten, sich aus dem Prozess herauszuziehen, oder blockieren Verhandlungen.
Welche grundsätzlichen M&A-bezogenen Unternehmenssituationen findet man im Mittelstand typischerweise vor?
Viele Familienunternehmen stehen vor der Herausforderung, dass die nächste Generation nicht immer das Interesse oder die Fähigkeit hat, das Unternehmen weiterzuführen. Da kommen Übernahmen durch externe Investoren oder größere Mittelständler ins Spiel. Auch Digitalisierung und technologische Veränderungen führen zu M&A-Aktivitäten, weil den Unternehmen manchmal die nötigen finanziellen Mittel oder das Know-how fehlen. Da wird dann oft nach strategischen Partnern gesucht, die genau diese Lücken füllen können. Ein weiterer Trend sind Übernahmen im Kontext der Internationalisierung, wo mittelständische Unternehmen durch Zukäufe im Ausland neue Märkte erschließen wollen. All das passiert in einem Umfeld, in dem natürlich auch der zunehmende Fachkräftemangel eine tragende Rolle spielt, der Unternehmen dazu zwingt, ihre Position am Markt durch strategische Zukäufe zu stärken.
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Autor: Alexander Görbing – Unternehmeredition