Von Pascal Reeber
Themen: Energiewende und Digitalisierung
Es sind zwei große Themen, die laut Seip gute Chancen für einen Einstieg bieten: Energiewende und Digitalisierung. „Betriebe in diesen Segmenten sind oft Nischenhersteller, deren Komponenten am Ende aber doch im Rotorblatt eines Windrads landen.“ 30 bis 40 Prozent der Transaktionen von Syntra finden in Sektoren statt, die unmittelbar oder mittelbar mit Energiewende und Digitalisierung zu tun haben, berichten die Geschäftsführer.
Seip und Will betonen dabei bewusst die Attraktivität von Handwerksbetrieben. Schließlich müssen Solarmodul, Wärmepumpe oder jede andere Technologie, die wegen der Energiewende im Trend liegt, am Ende auch von einem Installateur, einem Elektriker oder einem anderen Techniker angeschlossen werden. Daher seien Handwerksbetriebe zunehmend auch für strategische Investoren attraktiv.
Auch für Verkäufer und Inhaber, die ihre Nachfolge sichern wollen, seien die Erfolgschancen in den angesprochenen Branchen aktuell sehr hoch. Seip: „Wenn ein Unternehmer verkaufen möchte, kann er im Moment eine exzellente Lösung finden, denn vielfach gibt es einen fast schon irrationalen Hype.“ Auch Handwerksbetriebe seien – Stichwort Fachkräftemangel – gut beraten, sich einer Unternehmensgruppe anzuschließen, wenn eine Nachfolgeregelung ansteht. „Nicht nur im Handwerksbereich, sondern in allen Branchen gilt: Es gibt die klare Tendenz, dass Unternehmen durch Konsolidierungstendenzen größer werden, weil dies wirtschaftliche Vorteile hat.“
Mittlerweile gebe es in Mittelhessen eine recht aktive Gründerszene, erzählen die Geschäftsführer. Wobei für Will klar ist: „Es geht immer noch mehr.“ In der aktuellen Lage, wo etablierte Unter nehmen neue Ideen brauchen, rät er vielen Gründern aber, sich die Frage zu stellen, ob sie wirklich bei null starten wollen. „Gerade jetzt, wo bestehende Unternehmen Ideen brauchen, muss es da die Gründung sein? Oder können Gründer mit ihren Ideen nicht in ein etabliertes Unternehmen gehen und eine bestehende Plattform nutzen, um sich damit zwei, drei Jahre Vorsprung zu verschaffen?“ Der Sprung in ein bestehendes Unternehmen habe Vorteile, Stichwort Mitarbeiter und bestehende Kundenkontakte. Seip ergänzt: „Die Erfolgsquote bei Nachfolgen ist viel, viel höher.“ Zum Vergleich: 70 bis 95 Prozent aller Start-ups scheitern, je nachdem, welche Statistik man bemüht. Eine Veränderung beobachtet Patrick Seip beim Zeitpunkt von Nachfolgere gelungen. Früher hätten sich Firmeninhaber oft erst jenseits der 60 damit befasst. „Diese Kandidaten werden seltener.“ Der idealtypische Mandant sei Anfang 50. „Die Kinder sind gerade mit der Schule fertig und man hat eine Perspektive von zehn bis 15 Jahren, ehe die familieninterne Nachfolge geregelt werden könnte. Doch das ist vielen Unternehmern aktuell zu lang.“ Die Unsicherheit, veränderte Lebensmodelle – sie führen dazu, dass Unternehmer früher an die Nachfolge denken und einem Verkauf oder Einstieg positiv gegenüberstehen.
Folgen des Krieges noch immer spürbar
Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine sind laut Will noch immer spürbar. „Viele Unternehmen konnten aber umdenken und sich umstellen. Es gibt starke Abhängigkeiten, aber das ist vielleicht die große Stärke des Mittelstandes: Man kann schnell und kreativ umdenken. Je größer das Unternehmen, desto stärker schlagen große Krisen ein.“
„Kurzfristige Krisen, die sich überlappen“ – das sehen Will und Seip als vielleicht größte Herausforderung. Neue Ideen und Flexibilität hin oder her: „Wenn Sie Unternehmer sind, wollen Sie Sicherheit. Sie wollen nicht wissen, was ihre Maschine in zwei Jahren macht, sondern was sie in zehn Jahren macht. Unternehmer denken langfristig. Und dieser Horizont ist aktuell nicht geboten.“ Und wenn er nicht mehr kommt? „Wichtig ist und bleibt Innovationskraft“, beschreibt Will. „Ich muss mich fragen: Wenn ich diese und jene Maschine habe, was kann ich noch damit machen, wenn der eigentliche Einsatzzweck wegfällt?“
Auch das eigene Unternehmen hat sich nach Worten der Geschäftsführer gut entwickelt: „Seit wir in Wetzlar sind, haben wir rund 50 erfolgreiche Deals gemacht“, sagt Seip. In diesem Jahr wollen die beiden eine neue Marke setzen und 30 Transaktionen abwickeln. „Die Herausforderungen werden mehr und daher wird unser Markt befeuert“, berichtet Will.
Mit rund 20 Mitarbeitern war das Unternehmen vor zwei Jahren von Gießen nach Wetzlar gekommen, aktuell beschäftige man 32.
M&A-BERATUNGSHAUS
Mergers and Acquisitions (M&A) sind Transaktionen im Unternehmensbereich, bei denen sich Unternehmen oder Unternehmensteile mit anderen zusammenschließen, abspalten oder den Inhaber wechseln. Syntra Corporate Finance ist nach eigenen Angaben eines der führenden M&A-Beratungshäuser im deutschen Mittelstand und auf Nachfolgeregelungen spezialisiert. „Unsere Aufgabe besteht darin, Lebenswerke zu sichern“, lautet das Selbstverständnis.