Warum eine Minderheitsbeteiligung für Mittelständler eine attraktive Lösung ist

Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Krisenmodus. Der Mittelstand steht dabei besonders unter Druck: Eine anhaltend schwache Konjunktur, hohe Zinsen und geopolitische Spannungen lasten ebenso auf den Unternehmen wie Digitalisierungsdruck, ESG-Transformation und Fachkräftemangel. Dazu kommen wachsende Herausforderungen auf den Weltmärkten: Die USA agieren protektionistischer und China – früher ein Absatzmarkt für deutsche Spitzentechnologie – hat in vielen Bereichen eigene industrielle Kompetenzen aufgebaut.
30.09.2025

In dieser angespannten Gemengelage suchen etliche Unternehmer nach Lösungen, um ihr Lebenswerk zukunftsfähig aufzustellen, ohne dabei die Kontrolle aus der Hand zu geben. Eine häufig übersehene Option bildet der Verkauf einer Minderheitsbeteiligung. Dabei bietet sie viele Vorzüge, darunter Zugang zu frischem Kapital, aber auch zu Know-how und wichtigen Netzwerken – und das bei weitgehender Wahrung der unternehmerischen Autonomie.

Kapital, Know-how und Kontinuität: Wer auf Minderheitsbeteiligungen setzen sollte

Eine Minderheitsbeteiligung – etwa durch einen Investor – geht in der Praxis häufig mit einer Kapitalerhöhung oder einer Kombination aus Anteilserwerb und Gesellschafterdarlehen einher. Vor allem wachstumsorientierte Unternehmen, die Kapital für Expansion, Markterschließung oder Innovationsvorhaben benötigen, finden darin eine attraktive Alternative zum klassischen Kredit. Denn im Gegensatz zur Fremdfinanzierung ermöglichen Minderheitsbeteiligungen den Verzicht auf feste Rückzahlungsverpflichtungen.

Auch im Kontext der Nachfolgeplanung kann eine Minderheitsbeteiligung eine attraktive Option sein. So können Unternehmer die Übergabe ihres Betriebs durch die Hinzuziehung eines zweiten Gesellschafters schrittweise und partnerschaftlich gestalten. Auch für den neuen Gesellschafter ist das vorteilhaft: Er kann sich mit dem Unternehmen vertraut machen, Vertrauen aufbauen und – sofern gewünscht – zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Mehrheitsbeteiligung übernehmen.

Minderheitsbeteiligungen helfen zudem, strategische Partnerschaften zu knüpfen. Denn die Investoren bringen neben Kapital oft auch wertvolle Impulse ein, etwa branchenspezifisches Know-how, technologische Expertise oder einen Zugang zu neuen Kunden. Zudem können sie den Betrieb in Bereichen wie Marketing oder Personal entlasten.

Was sind die wichtigsten Stellschrauben einer Minderheitsbeteiligung?

Minderheitseigner halten weniger als 50 Prozent der Anteile und haben damit nur begrenzt Möglichkeiten, die operative Führung zu kontrollieren. Dennoch können sie Einfluss ausüben. Dessen Stärke ergibt sich nicht nur aus der Beteiligungshöhe, sondern auch aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern, die es mit Weitsicht sowie wirtschaftlichem und juristischem Verstand zu gestalten gilt. Dazu gehören die Informationsrechte des neuen Minderheitsgesellschafters. Dieser hat in der Regel Anspruch auf Transparenz, etwa durch Einsicht in Finanzberichte, Jahresabschlüsse und strategische Planungen des Unternehmens. Nur so kann er seine Rolle als Gesellschafter verantwortungsvoll wahrnehmen.

Auch die Verteilung der Gewinne bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Minderheitsgesellschafter partizipieren am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Da sie jedoch häufig keine operative Kontrolle ausüben, ist eine faire und verlässlich definierte Ausschüttungspolitik essenziell, um Vertrauen und Interessenausgleich zu gewährleisten. Ein weiterer wesentlicher Aspekt betrifft Mitspracherechte und Sperrminoritäten. Eine Beteiligung von mehr als 25 Prozent ermöglicht dem Minderheitsinvestor, bei grundlegenden unternehmerischen Entscheidungen ein Veto einzulegen. Dies betrifft insbesondere Maßnahmen wie Satzungsänderungen, Kapitalmaßnahmen oder einen Verkauf wesentlicher Unternehmensteile. Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte der Gesellschaftervertrag die entsprechenden Rechte des Minderheitseigners klar definieren.

Auch Tag-Along- und Drag-Along-Klauseln spielen eine bedeutende Rolle. Diese Regelungen sichern die Gleichbehandlung der Gesellschafter im Verkaufsfall: So haben Minderheitsgesellschafter das Recht, ihre Anteile mit zu veräußern, wenn der Mehrheitsgesellschafter verkauft (Tag-Along). Umgekehrt können sie durch eine – insbesondere bei Private-Equity-Investoren beliebte – Drag-Along-Klausel verpflichtet werden, ihre Anteile ebenfalls zu veräußern, wenn ein Gesamtverkauf vereinbart wird.

In diesem Zusammenhang spielen auch Put- und Call-Optionen eine tragende Rolle. Eine Put-Option gibt dem Minderheitsgesellschafter das Recht, seine Anteile zu einem vorher festgelegten Preis oder nach anderen definierten Kriterien zu verkaufen. Die Call-Option hingegen erlaubt es dem Mehrheitsgesellschafter, Anteile zurückzukaufen. Um potenziellen Konflikten über den „richtigen“ Preis vorzubeugen, enthalten die Verträge in der Regel konkrete Bewertungsmechanismen – etwa auf Basis des EBITDA.

Die Frage der Bewertung der Minderheitsanteile sollte generell nicht unterschätzt werden. Die begrenzten Durchgriffsrechte von Minderheitsgesellschaftern führen dazu, dass ihre Anteile am Markt oft mit einem Abschlag gegenüber dem anteiligen Unternehmenswert bewertet werden – der sogenannte „Minority Discount“. Um hier faire Lösungen für beide Seiten zu schaffen, sind eine transparente Bewertungsmethodik und ein stimmiges Gesamtbild besonders wichtig. Dazu gehören eine überzeugende Wachstumsstory, belastbare Strukturen – beispielsweise durch eine zweite Führungsebene – sowie eine nachvollziehbare Unternehmensbewertung. Wer den „Minority Discount“ ausgleichen möchte, muss Transparenz schaffen und ein glaubwürdiges strategisches Potenzial aufzeigen.

Wer sind potenzielle Investoren – und was erwarten sie?

Unternehmer, die eine Beteiligung in Erwägung ziehen, sollten sich im Vorfeld genau überlegen, welcher Typ von Kapitalgeber zu ihrem Unternehmen passt. Wer etwa nur kurzfristiges Kapital sucht, wird mit einem strategisch denkenden Minderheitsgesellschafter auf Dauer keine zufriedenstellende Lösung finden – und umgekehrt.

Besonders langfristig orientiert sind beispielsweise strategische Investoren, zu denen Wettbewerber, Kunden oder Lieferanten gehören. Diese Investoren bringen meist nicht nur Kapital, sondern auch fundiertes Branchen-Know-how mit. Strategen sind oft an der Hebung von Synergien interessiert – etwa durch gemeinsame Produktentwicklungen, einen breiteren Marktzugang oder Skaleneffekte in Einkauf oder Vertrieb.

Finanzinvestoren wie Private-Equity-Gesellschaften und Family Offices verfolgen unterschiedliche Ziele. Während klassische Private-Equity-Fonds oft einen klar definierten Zeithorizont und eine wachstumsorientierte Exit-Strategie haben, agieren Family Offices und sogenannte Evergreen-Fonds langfristiger. Beide kommen ohne zeitlich begrenzte Investitionsperioden aus. Einige Finanzinvestoren haben sich sogar ganz auf Minderheitsbeteiligungen spezialisiert.

Eine weitere Gruppe potenzieller Minderheitsinvestoren sind Führungskräfte aus den eigenen Reihen oder externe Manager – etwa im Rahmen eines Management-Buy-ins (MBI) oder Management-Buy-outs (MBO). Diese Konstellationen können eine ideale Brücke zu einer späteren, vollständigen Unternehmensübernahme darstellen und damit die Nachfolgeplanung erleichtern.

Die Wahl des richtigen Partners entscheidet

Minderheitsbeteiligungen bieten viele Vorzüge und ermöglichen eine strategische Weiterentwicklung des Unternehmens unter Wahrung der Autonomie. Der Preis dafür ist eine gewisse Komplexität in der Umsetzung, die meist eine erfahrene wirtschaftliche und rechtliche Beratung erforderlich macht. Voraussetzung für den Erfolg sind eine saubere Vorbereitung, klar formulierte Ziele und ein Partner, der zum Unternehmen passt. Dessen Wahl ist letztlich weniger eine Finanzierungs- als vielmehr eine strategische Weichenstellung für die Zukunft.

Handlungsempfehlungen für Unternehmer

Wer sich als Unternehmer mit dem Gedanken einer Minderheitsbeteiligung trägt, sollte deshalb die nachfolgenden Punkte im Vorfeld genau prüfen:

  • Situationsanalyse: Was ist das vorrangige Ziel – Kapitalzufuhr, strategischer Mehrwert oder eine flexible Nachfolgelösung?
  • Investorentyp definieren: Kommt ein strategischer Partner in Frage oder eher ein Finanzinvestor? Und welcher Beteiligungshorizont passt zur eigenen Unternehmensplanung?
  • Prozess planen: Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Einstieg eines Minderheitsinvestors? Der Beteiligungsprozess sollte professionell vorbereitet, sauber strukturiert und realistisch terminiert sein.
  • Langfristige Zielkompatibilität prüfen: Passen Werte, strategische Ausrichtung und Zeithorizont des Investors zum Unternehmen? Eine nachhaltige Partnerschaft setzt nicht nur wirtschaftliche, sondern auch kulturelle Übereinstimmung voraus.

Ein Beitrag von Patrick Seip und Pascal Saake. Erschienen im Original bei gmbhchef.